Geotop Wilde Saudeck
Den ungewöhnlichen Namen Wilde Saudeck trägt eine Felsformation nördlich von Schotten-Sichenhausen. Am Osthang des Rehbergs, der wie ein Vulkankegel über dem Tal aufragt, findet sich eine Gruppe beeindruckender Felsklippen.
Das Geotop und Naturdenkmal stellt eine der wenigen natürlichen Aufschlüsse im Vogelsberg dar.
Trifft heißes aufsteigendes Magma auf eine wasserführende Schicht im Untergrund (Grundwasser) oder aber auf Oberflächenwasser (Flüsse, Seen), kühlt das Magma schlagartig ab. Der dabei explosionsartig entstehende Wasserdampf zertrümmert nicht nur das aufsteigende Magma, sondern auch das umgebende Gestein (phreatomagmatisch). Dabei wird ein Trichter in den Untergrund gesprengt, das ausgeworfene Gestein (Nebengestein) lagert sich in der unmittelbaren Umgebung des Kraters ab, während feine Partikel (Asche) über größere Entfernungen transportiert werden können. Die Nebengesteinsbruchstücke erreichen hier am Rehberg einen Durchmesser von bis zu 1,5 Metern.
Feuer und Wasser
Erst nachdem das gesamte Wasser verdampft ist, kann flüssige Lava gefördert werden, die dann die entstandene Hohlform ausfüllt. Dies geschah auch hier am Rehberg. Die Kräfte der Erosion (Verwitterung und Abtragung) erschufen anschließend das heute kuppenartige Erscheinungsbild.
Die Umgebung des Geotops zeigt zudem eine weitere Besonderheit: Einige der Bruchstücke bestehen aus einem helleren vulkanischen Gestein (Trachyt). Eine Glutlawine raste den Hang eines ehemaligen Vulkanschlotes hinunter, sodass Block- und Aschenstromablagerungen entstanden. Diese mächtigen Ablagerungen wurden 2007 durch das Hessische Landesamt für Umwelt und Geologie bei einer Forschungsbohrung festgestellt.
Der Vogelsberg: Einst über 1000 Meter hoch?
Nach dem Ende der vulkanisch aktiven Phase wurde der Vogelsberg großflächig abgetragen. Die zum Teil einst mächtigen Vulkanbauten wurden eingeebnet und Flüsse zergliederten die Region.
Daneben wurden durch die Kraft der Verwitterung Kuppen erschaffen, welche die Landschaft prägen. Diese Kuppen entstanden oft durch die Eigenschaft der Gesteine, unterschiedlich stark zu verwittern. Dies begründet sich in der Struktur der Gesteine als auch der Art ihrer Entstehung und der Zusammensetzung.
Letztlich kann über die einstige Höhe der vulkanischen Strukturen im Vogelsberg keine eindeutige Aussage getroffen werden. Nur einige wenige Ablagerungen deuten darauf hin, dass es einst Erhebungen gegeben haben muss, die 1000 Meter und mehr an Höhe gehabt haben müssen. Hinweise dazu fanden sich bei der Auswertung der Bohrung bei Sichenhausen (2007). Dort finden sich Aschenstromablagerungen, die nur entstehen, wenn ein gewisses Höhenrelief vorhanden war. Heute vergleichbare Ablagerungen entstanden, als heißes Material den Hang eines Vulkans hinunter raste und dabei eine Geschwindigkeit von mehreren 100 Stundenkilometern erreichte.
Dies zeigt, dass heute zum Teil mehrere hundert Meter an Höhe dem Vogelsberg fehlen. Die Verwitterung und Abtragung nagte auch schon während des aktiven Vulkanismus an den Erhebungen. Dieser Prozess verstärkte sich allerdings in den vulkanischen Pausen und nach dem Ende des Vulkanismus.
Hinzu kommt, dass sich das gesamte Gebiet bereits vor und auch während des Vulkanismus vor allem im zentralen Bereich absenkte, wodurch weitere Höhe verloren ging.
Eine genaue Aussage über die einstige Höhe lässt sich jedoch nicht treffen.
Interpretation der Ergebnisse des Bohrkerns bei Sichenhausen:
Poster 1 (HLNUG)
"Auf den Spuren der feurigen Vergangenheit des Vogelsberges –
Glutlawinen-Ablagerungen am Fuß des Hoherodskopfes"
(Quelle: Nesbor, H.-D. Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie. Wiesbaden)
Poster 2 (HLNUG)
"Auf den Spuren der feurigen Vergangenheit des Vogelsberges –
Lavafontänen im Krater des ehemaligen Trachyt-Vulkans"
(Quelle: Nesbor, H.-D. Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie. Wiesbaden)
Poster 3 (HLNUG)
"Auf den Spuren der feurigen Vergangenheit des Vogelsberges –
Aufstieg eines trachytischen Lavadomes"
(Quelle: Nesbor, H.-D. Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie. Wiesbaden)
Lage, Erreichbarkeit & Begehbarkeit
Das Geotop befindet sich etwa 2,5 km südöstlich des Hoherodskopfes an einem Waldweg gelegen.
- GPS n 50°29'41.8'' E 9°15'0.5''
- UTM 32 U 517743/5593692
Literatur
- Ehrenberg, K.-H. & Hickethier, H. (1985). Die Basaltbasis im Vogelsberg. Schollenbau und Hinweise zur Entwicklung der vulkanischen Abfolge. Geol. Jb. Hessen (113), 97–135.
Francis P. & Oppenheimer, C. (2004). Volcanoes. Oxford University Press. New York.
Kracht, M. & Nesbor, H.-D. (2008). Den Geheimnissen des größten mitteleuropäischen Vulkangebietes auf der Spur. Ein interdisziplinäres geowissenschaftliches Forschungsprojekt im Hohen Vogelsberg. Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie. Wiesbaden.
-> Zum DownloadReischmann, T. & Schraft, A. (2009). Der Vogelsberg: Geotope im größten Vulkangebiet Mitteleuropas. Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie. Wiesbaden.